Vitamin D–Rezeptor–Blockade: Eine unterschätzte Ursache für Autoimmunerkrankungen?

Labormedizin

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Autor: lothar ursinus

Eine Vitamin-D-Rezeptorblockade (VDR-Blockade) bedeutet, dass die Vitamin-D-Rezeptoren in den Körperzellen, die für die Aufnahme und Verarbeitung von Vitamin D entscheidend sind, in ihrer Funktion eingeschränkt oder blockiert sind.

Das kann dazu führen, dass Vitamin D seine vielfältigen biologischen Effekte nicht vollständig entfalten kann, obwohl ausreichende Mengen des Vitamins im Körper vorhanden sind.

Ursachen der VDR-Blockade

Eine VDR-Blockade kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, wobei die häufigsten und bekanntesten Ursachen infektiöse oder immunologische Prozesse sind.

Hier einige Beispiele:

Chronische Infektionen: Infektionen durch Bakterien, Viren oder Parasiten können zur Blockade des Vitamin-D-Rezeptors führen. Besonders bei chronischen bakteriellen Infektionen, wie z.B. durch Borrelia burgdorferi (Erreger der Lyme-Borreliose) oder bestimmte intrazelluläre Pathogene (wie Mykoplasmen oder Chlamydien), wurde dies beobachtet.

Diese Erreger können über entzündliche Zytokine (TNF-α, Interleukine, Interferon-Gamma) die Rezeptorfunktion beeinträchtigen und so eine Blockade hervorrufen.

Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunprozessen, bei denen das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift, werden häufig ebenfalls entzündungsfördernde Zytokine ausgeschüttet. Diese chronische Entzündungsreaktion kann die Funktion der Vitamin-D-Rezeptoren stören und zu einer Art „Resistenz“ gegenüber Vitamin D führen. Eine VDR-Blockade kann Autoimmunerkrankungen fördern. Gleichzeitig verstärken Autoimmunprozesse die VDR-Blockade. Es entsteht ein Teufelskreis.

Toxische Belastungen: Schwermetalle wie Quecksilber oder Blei sowie bestimmte Umweltgifte können die Rezeptorstruktur schädigen oder die Rezeptorfunktion beeinflussen. Diese Stoffe stören nicht nur die Vitamin-D-Rezeptoren, sondern belasten oft auch das Immunsystem und fördern entzündliche Prozesse.

Störungen im Mikrobiom: Da das Darmmikrobiom eine zentrale Rolle im Immunsystem spielt, können Störungen im Mikrobiom ebenfalls die Vitamin-D-Rezeptor-Aktivität beeinflussen. Die nachfolgenden proinflammatorischen Bakterien können die Immunantwort im Darm so stark aktivieren, dass es zu einem ständigen Zustand niedriger Entzündung kommt. Diese systemische Entzündungsaktivierung kann die VDR-
Aktivität indirekt beeinträchtigen, indem entzündungsfördernde Zytokine freigesetzt werden, die die Rezeptorfunktion stören oder blockieren können.

Die folgenden Bakterienstämme sind für ihre proinflammatorischen Eigenschaften bekannt:

  • Proteobakterien: Zu dieser Gruppe gehören entzündungsfördernde Bakterien wie Escherichia coli, Klebsiella und Salmonella. Diese Bakterien produzieren Lipopolysaccharide (LPS), die starke Entzündungsreaktionen auslösen können.
  • Enterobacteriaceae: Diese Familie umfasst pathogene Bakterien wie Escherichia coli und Shigella, die im Zusammenhang mit entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) stehen. Ihre Anwesenheit kann zu einem „Leaky Gut“ Zustand führen, bei dem entzündliche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen und systemische Entzündungen fördern.
  • Firmicutes (insbesondere proinflammatorische Arten): Einige Arten innerhalb der Firmicutes können entzündungsfördernde Eigenschaften haben, insbesondere bei einem Ungleichgewicht im Mikrobiom (Dysbiose). Clostridium difficile zum Beispiel ist bekannt dafür, chronische Darmentzündungen auszulösen. Sie sind gehäuft bei einem alkalischen Darm anzutreffen.
  • Bacteroidetes (in dysbiotischen Zuständen): Während viele Bacteroidetes-Stämme normal und nützlich sind, kann ein Überwuchs bestimmter Bacteroides-Arten mit entzündlichen Darmerkrankungen assoziiert sein. Bakterien wie Bacteroides fragilis produzieren Toxine, die entzündliche Reaktionen fördern und das Immunsystem aktivieren können.

Darmbarrierestörungen: Auch als durchlässiger Darm oder Leaky Gut bezeichnet, beschreibt eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmbarriere. Normalerweise sind die Zellen der Darmschleimhaut eng miteinander verbunden und verhindern, dass unerwünschte Stoffe in den Blutkreislauf gelangen.

Bei einem Leaky Gut sind diese Zellverbindungen jedoch geschwächt, sodass Bakterien, Toxine und
unverdaute Nahrungsbestandteile in den Blutkreislauf gelangen können und das Immunsystem aktivieren.



Ein Leaky Gut kann durch mehrere Faktoren ausgelöst werden:

  • Ernährungsfehler: Vielfach wird zu viel, zu oft und zu schnell gegessen, darüber hinaus auch Nahrungsmittel, die nicht zum individuellen Stoffwechsel passen.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente wie Antibiotika, NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) und Kortikosteroide können die Darmschleimhaut schädigen.
  • Dauerstress: Lang anhaltender Stress kann die Darmgesundheit beeinträchtigen und die Schleimhaut durchlässiger machen. Im Laborbefund erkennen wir diese Situation an einer leicht erhöhten Amylase, hohem Eisen-Kupfer-Quotient, erhöhtem Cortisol und erniedrigtem DHEA.

Medikamente: Einige Medikamente, insbesondere solche, die das Immunsystem unterdrücken oder den Stoffwechsel beeinflussen, können indirekt auf die Vitamin-D-Rezeptoren einwirken und eine Blockade begünstigen. Dazu gehören unter anderem:

  • Glukokortikoide (Prednison, Dexamethason): Sie hemmen die Aktivierung des VDR, wodurch die Immunmodulation durch Vitamin D abgeschwächt wird.
  • Auch Antimykotika und Zytostatika können Enzyme hemmen, die zur Aktivierung von Vitamin D notwendig sind.

Folgen einer VDR-Blockade

Eine Blockade der Vitamin-D-Rezeptoren kann zahlreiche Auswirkungen auf den Körper haben, da Vitamin D eine Schlüsselrolle im Immunsystem, im Knochenstoffwechsel und in der Regulation von Entzündungen spielt.

Eine VDR-Blockade führt dazu, dass die entzündungshemmende Wirkung des Vitamin D3 (25OH-D3) nicht ausreichend wirksam wird. Dies kann zu einer übermäßigen Aktivierung des Immunsystems und zu chronischen Entzündungen führen.

Da das Vitamin D hilft, die Selbsttoleranz des Immunsystems zu fördern und Autoimmunreaktionen zu verhindern (25OH-D3 zu 1,25OH-D3 Verhältnis 1:1), kann eine Blockade des VDR diese Schutzfunktion schwächen und das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen (25OH-D3 zu 1,25OH-D3 Verhältnis >1,5).

Das gestörte Verhältnis kann somit Autoimmunerkrankungen fördern, die wiederum zu einer weiteren Schwächung des Vitamin-D-Signalwegs führen. Dieser Kreislauf kann dazu führen, dass die Autoimmunerkrankung verstärkt wird und sich die VDR-Blockade weiter verschlimmert.

Symptome einer solchen Blockade können daher von chronischer Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen bis hin zu depressiven Verstimmungen, Angstzuständen oder einem geschwächten Immunsystem reichen.

Eine genaue Diagnose einer VDR-Blockade ist jedoch komplex und erfordert in der Regel eine umfassende laboranalytische Untersuchung, insbesondere in Bezug auf den Immunstatus und das Vorliegen von chronischen Infektionen oder entzündlichen Prozessen.

Laboruntersuchung

Bei Verdacht auf eine Vitamin-D-Rezeptorblockade (VDR-Blockade) sind bestimmte Laborwerte sinnvoll, um das Vitamin-D-Stoffwechselsystem, den Entzündungsstatus und das Immunsystem zu bewerten. Diese Parameter können Hinweise darauf geben, ob eine VDR-Blockade vorliegt und welche Faktoren daran beteiligt sein könnten.

Typisches Verhältnis der Vitamin-D-Metaboliten bei einer Rezeptorblockade

Erhöhtes 1,25OH-D3 (Calcitriol):
Trotz niedriger oder normaler 25OH-D-Spiegel kann der Spiegel von 1,25OH-D3 in Fällen einer Rezeptorblockade oft stark erhöht sein. Dies liegt daran, dass der Körper versucht, die Rezeptorblockade zu kompensieren, indem er mehr aktives 1,25OH-D3 produziert, um die gewünschte Vitamin-D-Wirkung zu erzielen.

Diese Überproduktion ist häufig eine Reaktion des Immunsystems und kann auf die anhaltende Aktivierung durch entzündliche Prozesse zurückzuführen sein, die die Umwandlung von 25OH-D3 in 1,25OH-D3 stimulieren. Durch den beschleunigten Umbau der Speicherform (25OH-D3) zur aktiven Form (1,25OH-D3) werden die Vorräte des Speicher-Vitamins leergeräumt. Labor weist einen Mangel an 25OH-D3 auf.

Niedriger oder normaler 25OH-D3 (Calcidiol):
Oft ist der 25OH-D3 -Wert trotz erhöhter Aktivierung niedrig oder im unteren Normbereich. Der Grund hierfür ist, dass bei chronischen Entzündungen oder Infektionen der Speicherverbrauch von Vitamin D steigt, was zu einem Absinken des 25OH-D3 -Spiegels führt, während das aktive 1,25OH-D3 weiter steigt.

Verhältnis verschoben:
Das Verhältnis von 25OH-D3 zu 1,25OH-D3 ist normalerweise ungefähr 1:1 im Sinne der relativen Bedeutung, wobei das 1,25OH-D3 in der Regel im niedrigeren Bereich liegt und gut reguliert wird. Bei einer Blockade ist das Verhältnis jedoch verschoben: 1,25OH-D3 ist oft höher als 25OH-D3 (>1,5), was auf eine ungewöhnliche Aktivierung der Vitamin-D-Regulierung hinweist.

Darum ist es wichtig, im Labor immer das 25OH-D3 und das 1,25OH-D3 untersuchen zu lassen.

Laborwerte: 1 normale Ratio, 2 erhöhte Ratio mit Verdacht auf VDR-Blockade

Parathormon (PTH):
Da PTH in enger Wechselwirkung mit Vitamin D steht, kann ein erhöhter PTH-Wert bei niedrigem 25OH-D3 auf eine Fehlregulation im Calciumstoffwechsel hindeuten, was ebenfalls im Zusammenhang mit einer VDR-Blockade stehen kann.

Calcium:
Ein zu niedriger oder zu hoher Calciumspiegel kann die Funktion des VDR beeinträchtigen und Hinweise auf den Vitamin D-Status geben.

Entzündungsmarker:

  • Hochsensitives C-reaktives Protein (hCRP): Ist ein sensitiver Entzündungsmarker, der auf chronische Entzündungen hinweisen kann.
  • Interleukin-6 (IL-6): Ist ein entzündliches Zytokin, das oft bei chronischen Entzündungen erhöht ist und möglicherweise zur VDR-Blockade beiträgt.
  • Tumor-Nekrose-Faktor Alpha (TNF-α): Dieser Entzündungsmarker kann ebenfalls erhöht sein und die VDR-Funktion negativ beeinflussen.

Immunsystem-Parameter:

  • Lymphozyten-Subpopulation (insbesondere T-Zellen): Die Aktivität und Verteilung von T-Zellen können Hinweise auf immunologische Prozesse geben, die VDR-Funktionen beeinträchtigen könnten.
  • Autoantikörper: Bei chronischen Autoimmunerkrankungen, die eine VDR-Blockade fördern können, kann das Vorhandensein bestimmter Autoantikörper, wie z.B. Anti-TPO oder ANA, wertvolle Hinweise liefern.

Therapieansätze bei einer VDR-Blockade

Wie bei allen Störungen im Stoffwechsel, ist zuerst der Patient und seine Lebensführung gefragt. Diese gilt es zu optimieren. Dabei stehen Themen, wie Ernährung, Bewegung, und Entspannung immer an erster Stelle.

Wie wir den Stoffwechsel zusätzlich mit verschiedenen naturheilkundlichen Mitteln unterstützen können, verrät uns die umfangreiche Vital- und Stoffwechselanalyse. Diese besteht aus 70 Einzelparametern (LgM-Auftragsbogen: Labor ganzheitlich 70) und individuellen Zusatzparametern, je nach Symptomatik und Fragestellung zum Patienten.



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